Ombudsverfahren im Feuerwehrstreit bleibt für Beteiligte hinter Erwartungen zurück
Sebastian Schulz / Johannes Opfermann
Plettenberg – Um im Konflikt zwischen den Mitgliedern der Löschgruppe Holthausen und der Plettenbeger Wehrleitung zu vermitteln, wurde vor einem Jahr eine externe Ombudsstelle eingerichtet, deren Arbeit am vergangenen Freitag endete. Das Fazit der Beteiligten fällt unterschiedlich aus.
Das sagt die Kanzlei Hotstegs
Die Düsseldorfer Rechtsanwaltsgesellschaft Hotstegs war damit beauftragt worden, die Eingaben – auf Wunsch auch anonym – an eine Lenkungsgruppe weiterzugeben. „Das erste halbe Jahr der Ombudsstelle hatte schnell gezeigt, dass der Bedarf bestand, neben dem Dienstweg, den internen Beschwerdemöglichkeiten und der Personalvertretung auch unmittelbar Externe im Vertrauen anzusprechen“, fasst Robert Hotstegs, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, den Auftakt der Arbeit zusammen.
„Sowohl technische Angelegenheiten wie auch einzelne Personalprobleme bis zu grundlegenden Fragen des Rettungsdienstes sind in den letzten Monaten an uns herangetragen worden. Auf Wunsch der Hinweisgeber wurden die Beschwerden entweder offen oder auch anonymisiert weitergegeben.“
Gerade in der Vertraulichkeit lag der Unterschied zu herkömmlichen Beschwerdewegen innerhalb einer Stadtverwaltung, hier habe sich die Stadt Plettenberg für ein Modell entschieden, das bundesweit erstmalig für eine Freiwillige Feuerwehr eingerichtet wurde. Die Stadt Köln hatte zuvor ein ähnliches Modell für ihre Berufsfeuerwehr genutzt.
Parallel zu der Ombudsstelle habe Bürgermeister Ulrich Schulte auch Veränderungsprozesse im Fachgebiet Sicherheit, Ordnung, Brandschutz, Rettungswesen angestoßen, heißt es seitens der Kanzlei Hotstegs. Die parallel eingesetzte Lenkungsgruppe habe sich für eine ergänzende Mediation ausgesprochen. Die Stadt Plettenberg wolle die aus der Ombudsstelle entstandenen Anregungen, Problembeschreibungen und Hinweise nun stärker bündeln und verstärkt interne Kanäle nutzen, so der Anwalt für Verwaltungsrecht.
„Die Idee der Ombudsstelle beinhaltet stets auch das Auslaufen des Projektes, zugleich aber auch den Dauerauftrag, dass die Stadt Plettenberg nachhaltige neue Kommunikationswege und Strukturen aufbaut, sich reorganisiert und dauerhaft die Freiwilligen in dem Veränderungsprozess mitnimmt“, so Hotstegs.
Das sagt die Stadt Plettenberg
Die Kommunalpolitik habe zunächst ein Mediationsangebot mit begleiteter Gesprächsführung erwogen, schreibt Bürgermeister Ulrich Schulte. Eine mit anonymen Hinweisen arbeitende Ombudsstelle sei hauptsächlich auf Drängen einiger Feuerwehrleute einer Löschgruppe eingerichtet worden. Es habe sich insofern um ein wohlmeinendes kommunalpolitisches Zugeständnis in einer Konfliktsituation gehandelt.
„Die Einrichtung der Ombudsstelle erwies sich vor allem in der Anfangsphase als sinnvoll, insbesondere, um einigen Löschgruppenmitgliedern nach einer Phase emotional geäußerter Kritik an der Wehrleitung die Möglichkeit zur geordneten – auch anonymen – Meinungsäußerung auch ,außerhalb des Dienstweges’ zu geben“, schreibt Schulte: „In dieser Phase lieferte die Ombudsstellenarbeit wichtige Impulse.“
In der zweiten Phase habe sich ein wesentlicher Vorteil der Ombudsstelle, darin bestehend, sich auch anonym einbringen zu können, dann leider etwas relativiert: „Einige unsachliche anonyme Eingaben führten dazu, dass die wesentliche kommunalpolitische Zielvorgabe – den Dialog zwischen den Beteiligten zu stärken – durch die Ombudsstellenarbeit allein nicht mehr erreicht werden konnte.“ Lenkungsgruppe und Rat hätten daraufhin angeregt, die persönliche Gesprächsebene zu vertiefen und im Zuge künftiger Projektarbeit die Zusammenarbeit zu stärken. Hier gebe es schon konkrete gute Ansätze.
Eine wichtige Lehre aus dem Ombudsverfahren sei folgende: Dort wo Unstimmigkeiten ihre Ursache überwiegend oder zum Teil im Persönlichen haben, werde die zugesicherte Anonymität zum Teil nicht konstruktiv genutzt. Daher sei eine Fortentwicklung in Richtung einer bilateralen Gesprächsführung – gegebenenfalls in begleiteter Form – angezeigt, um Vertrauen zu stärken, sagt der Bürgermeister. An der Stärkung der persönlichen Kommunikation müsse weiter gearbeitet werden. „Wir vertiefen das auch in der Führungskräftearbeit“, so Schulte.
Vor dem Hintergrund, dass zuletzt einige Feuerwehrleute die Feuerwehr verlassen haben, äußert sich der Bürgermeister auch zur Zukunft der Wehr insgesamt. Die Fluktuationsfolgen durch alters- und krankheitsbedingte Ab- sowie Weg- und Zugänge seien an der hauptamtlichen Wache in Kürze wieder ausgeglichen, so Schulte. Dies sei aber nur möglich, da man konsequent auf ein starkes Ausbildungswesen mit qualifiziertem Nachwuchs setze und künftig auch im Quervergleich angemessener besolden werde. Darüber hinaus sei die Plettenberger Feuerwehr innovativ und gut ausgestattet. Und dank guter Mund-zu-Mund-Propaganda erhalte man auch immer wieder Initiativbewerbungen.
Zum Austritt der Holthauser Löschgruppenmitglieder äußert sich Schulte folgendermaßen: „Es bedeutet immer einen bedauerlichen Verlust, wenn verdiente Mitglieder eine Wehr verlassen.“ Dennoch habe ein Dienstherr eine besondere Fürsorgepflicht gegenüber seiner Feuerwehrleitung und allen weiteren verdienten Feuerleuten. So habe der Bürgermeister in einem fraktionsübergreifenden Konsens die Einhaltung der vom Feuerwehrrecht gezogenen „roten Linie“ gegen presseöffentliche Angriffe durchsetzen müssen. Selbstverständlich könne eine Löschgruppe einen personellen Verlust nicht ohne weiteres kompensieren. Den Mitgliedern, die ihren Dienst in der Löschgruppe fortsetzen, sei er sehr dankbar und nannte auch die Verstärkung durch mehrere Gastlöscher ermutigend. Die Mitgliederwerbung solle aber intensiviert werden.
In der Wehrleitung stehen die Zeichen auf Kontinuität. „Dankenswerterweise hat Stadtbrandinspektor Markus Bauckhage signalisiert, für eine weitere sechsjährige Amtszeit grundsätzlich zur Verfügung zu stehen“, sagt Schulte. Die nichtöffentliche Wehr-Anhörung fand am 15. August statt. Über die Bestellung entscheidet schließlich der Rat. Wie bei der letzten Anhörung 2014 gab es keine weiteren Kandidaten.
Das sagen ehemalige Holthauser Wehrleute
Die Heimatzeitung hat auch drei ehemalige Mitglieder der Löschgruppe Holthausen um Stellungnahme zur Arbeit der Ombudsstelle gebeten. Ihre Namen wollten sie nicht in der Zeitung lesen, sie sind der Redaktion aber bekannt. Die drei zeigen sich enttäuscht.
„Für mich persönlich hat das Verfahren nichts gebracht“, sagt einer von ihnen. So wie man sich das Ombudsverfahren vorgestellt habe, sei es nicht umgesetzt worden, sagt er: „In meinen Augen ist das komplett falsch abgelaufen.“ Ein Problem sei gewesen, dass bei den anderen Löschgruppen nicht dafür geworben wurde, sich zu beteiligen. So habe man Chancen verpasst. Man hätte im Rahmen des Verfahrens Missstände aufzeigen und Arbeitskreise bilden können, um auch über das Verfahren hinaus Verbesserungen zu bewirken, sagt das ehemalige Holthauser Löschgruppenmitglied.
„Aus unserer Sicht sind all die Punkte, die wir angeführt haben, nicht mal aufgegriffen worden“, meint ein anderer der drei befragten Feuerwehrleute. „Es wurde pauschal abgewehrt. Für uns war das nur eine Pseudoaktion.“
Ein Hauptkritikpunkt: Wehrleiter Markus Bauckhage, an dem sich ein großer Teil der Kritik der Holthauser Feuerwehrleute festmachte, war selbst Teil der Lenkungsgruppe, an die die Eingaben der Feuerwehrleute weitergeleitet wurden. Man habe quasi den Angeklagten auf die Richterbank gesetzt, heißt es von beiden Feuerwehrleuten. „Wenn ich mich selbst da einsetze, kann ich alle Eingaben wegdiskutieren“, sagt der Dritte von den Befragten. Man habe sich der Kritik gar nicht stellen wollen, sagt er.
Dass das Verfahren an sich nicht gewollt war, ist auch der Eindruck des ersten der genannten drei Feuerwehrmänner. „Es gab Leute, die sich gegen die Verwaltung und die Wehrleitung gestellt haben, und die wollte man loswerden“, sagt er. Und mehr noch: In der Ombudsstelle habe man die einzige Chance gesehen, zu verhindern, „dass alles den Bach runtergeht“.
Doch Wege, einen Verbleib der Löschgruppenmitglieder aus Holthausen zu ermöglichen und deren letztendlich doch erfolgten Austritt zu verhindern, seien nicht gesucht worden. „Man hat sich nicht bemüht, die Leute wieder zurückzuholen“, sagt er. „Wir haben jetzt alle mit diesem Thema abgeschlossen.“
Die Ombudsstelle
Am 16. August 2019 ging die Ombudsstelle für die Feuerwehr an den Start, nachdem es über Monate zu Komplikationen zwischen Wehrleitung und der Löschgruppe Holthausen gekommen war. Feuerwehrleute, Angehörige der Sondereinrichtungen und Notfallseelsorger konnten ihre Hinweise an die auf ein Jahr befristete Ombudsstelle weitergeben. Deren Arbeit endete am 14. August diesen Jahres. Die vom Stadtrat beauftragte Rechtsanwaltsgesellschaft Hotstegs trug dafür Sorge, die Eingaben – auf Wunsch auch anonym – an eine Lenkungsgruppe weiterzugeben. In dieser Lenkungsgruppe waren vertreten: Ulrich Schulte, Hans-Peter Kapitain, Thorsten Spiegel (alle Stadtverwaltung), Markus Bauckhage (Wehrleiter), Markus Hüsken (stellv. Wehrleiter), Klaus Salscheider (Notfallseelsorge) und Wolfgang Menzebach (ehemals Freiwillige Feuerwehr). Zusätzlich setzte man bei Bedarf auf die Expertise von Kreisbrandmeister Michael Kling und von den Mitgliedern des Personalrats im Rathaus.